Achtsamkeit
- lawo66
- 23. Feb. 2023
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 19. Apr. 2023
Mein persönliches Zauberwort

Achtsam ist man in Bezug auf den eigenen Körper, das eigene Befinden. Aber auch Empathie ist Achtsamkeit. Zuzuhören und zu versuchen zu verstehen ist wohl eine der größeren Herausforderungen unserer Zeit. Zwei Monologe ergeben noch kein Gespräch und gerade Unterhaltungen sind es, die die sozialen Bindungen stärken und Netzwerke aufbauen.
Sich mit jemandem auszutauschen benötigt jedoch Zeit, und diese Zeit sollte man sich nehmen. Tiefsinnigkeit ist dabei nicht unbedingt das Ziel, vielmehr gilt es, Gespräche als Möglichkeit zu sehen, den eigenen Horizont zu erweitern.
Achtsamkeit bedeutet aber auch, seine Umwelt bewusst wahr zu nehmen. Ein Spaziergang im Park oder Wald, ein Besuch in einer Galerie oder einem Museum, das Betrachten des Himmels – all das kann durch erhöhte Achtsamkeit zum Erlebnis werden.
Das Spüren des eigenen Körpers, seine Rückmeldungen nach einem zu deftigen Mahl, einer zu intensiven Trainingseinheit oder einer anstrengenden Arbeitswoche ist eine der wichtigsten Möglichkeiten sein Leben strategisch zu organisieren. Wie jede Maschine, haben auch unser Körper und Geist begrenzte Möglichkeiten, mit denen man haushalten muss. Das Niveau mag verschieden sein, der Ausgangspegel abhängig von Alter und Vorgeschichte, aber jeder Mensch stößt früher oder später an seine Grenzen.
Bereits das Erreichen dieser Grenzen ist ungesund. Ein Durstgefühl erinnert daran, dass der Flüssigkeitspegel auf einen kritischen Wert gesunken ist, ähnlich der Ölstand- Warnung eines PKWs, und sollte, so wir achtsam mit unserem Körper umgehen, nicht vorkommen. Niemand betreibt sein Auto anhand der roten Warnleuchten, sondern beugt vor und niemand sollte seinen Körper zwischen Völlegefühl und Durst betreiben.
Dasselbe gilt für die Psyche. In jeder Tiefschlafphase versucht unser Unterbewusstsein das Erlebte zu kategorisieren und Wichtiges aus dem unmittelbaren Bewusstsein, um Platz für Neues zu machen, weg zu speichern. Dieses Wegspeichern erfolgt in der REM-Phase und im besten Fall reicht eine Nacht, um das zu gewährleisten. Abhängig von der Menge und Intensität der Erlebnisse kann es aber vorkommen, dass die REM-Phasen nicht ausreichen und man praktisch schon vorbelastet in den neuen Tag startet. Sollte sich das wiederholen oder aber das Erlebte ist von einschneidender Bedeutung, läuft man Gefahr einen Speicherüberlauf zu generieren. Das bedeutet, dass unser Unterbewusstsein nicht mehr wegspeichert und filtert – was dann dazu führt, dass bereits unwichtige Kleinigkeiten zum Problem werden können. Versagen- und Verlustängste, Überreaktionen oder auch Depressionen sind die Folge.
Nicht zuletzt durch Claudia wurde mir bewusst, dass ich einiges an Altlasten mit mir herumschleppe und ich mich diesen Lasten eines Tages widmen werden muss. Das gelingt am besten mit Hilfe von außen. Ich versuche seit einigen Monaten, achtsamer zu leben und darauf zu achten, was mir guttut (nicht den anderen, nicht dem Arbeitgeber). Ich versuche, mir noch bewusster zu machen, was mein Leben ausmacht und welche Werte für mich wichtig sind. Im meinem Glücksfall passen diese Werte zu denen meines Partners und denen des Freundeskreises, dem sozialen Umfeld.
Und ich möchte genießen, gerne bewusst und ausgiebig. Dieses zuzulassen findet aber sehr langsam und eher schleichend statt. Man kann aus seiner Haut nicht heraus und plötzlich sein Leben neu erfinden, aber man kann sich bewusst machen, worauf es tatsächlich ankommt. Meine persönliche Definition vom eigentlichen Sinn des Lebens hilft mir allerdings dabei: „sich selbst und anderen Freude bereiten“.
Seit jeher war ich es gewohnt, in einer Leistungsgesellschaft auch Leistung zu erbringen. Das war keine große Sache, alle taten das. Man hatte Arbeit und war sparsam, gönnte sich zwischendurch kleine Freuden und lebte vor sich hin. Mit Hobbies und Sport wurde die vorhandene Wachzeit aufgefüllt. Zufrieden und glücklich sollten vor allem die anderen sein, man wollte ja nicht egoistisch oder egozentrisch erscheinen. Es gab bei mir kein Bewusstsein dafür, dass man selbst auch Bedürfnisse hat, die man bedienen muss. Ein zweiwöchiger Urlaub (PKW oder Flug) am Strand bringt keine Entspannung, eine Grillparty am Wochenende ist nur für die Gäste stressfrei und der Ausflug ins Grüne (per PKW) endet oft im Stau – diese Pseudo-Erholungen sind ein werbewirksames Trugbild, dienen aber sicher nicht der inneren Ruhe und Entspannung.
Um sich zu erholen, Ruhe zu finden, Energie zu tanken, benötigt man vor allem eines: Zeit.
Zeit ist es auch, was man benötigt, um achtsam zu leben. Eine bewusste Wahrnehmung der Welt um einen herum ist äußerst Zeitintensiv, aber auch lohnend. Hektisch konsumierte Freizeit beinhaltet oftmals mehr Stress als der Beruf. Freizeit muss hip sein, man benötigt Motive für ein Selfie und filmt ganze Live-Konzerte, anstatt den Moment zu genießen. Im Gegensatz dazu steht der achtsame Umgang mit seinen Erlebnissen. Ein Spaziergang, ein Gespräch, das Hören einer CD oder bewusstes Essen und Schmecken – das alles kann, achtsam genossen, zum echten Genuss werden.
Ich selbst versuche, meine Zeit bewusst und aufmerksam zu genießen. Ich laufe oder radle durch Parks, durch den Wald und über die Straßen meiner näheren Umgebung. Es gibt keine Grenzen und keine Einschränkungen weit und breit. Die frische Luft, die schönen Aussichten und Eindrücke sind gratis. Ich allein bestimme, wohin mein Weg führt.
Mein körperlicher Zustand, das gemütliche Zuhause und meine sozialen Kontakte – das alles nehme ich nicht als selbstverständlich und ich fühle vor allem auch öfters Dankbarkeit, einen solchen Partner gefunden zu haben.
Achtsamkeit bedeutet für mich aber nicht, nur auf sich und sein Leben zu achten. Auch Empathie und Interesse am Anderen sind Zeichen von Achtsamkeit und es wäre wünschenswert, wenn man sich öfters bewusst machen würde, dass wir soziale Wesen sind und positive, soziale Interaktionen zu einem erfüllten Leben benötigen.


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