top of page

Das Märchen vom christlichen Abendland

  • lawo66
  • 10. Feb. 2023
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 4. Apr. 2023

Nicht weil, sondern trotz.

ree

Wann immer auch Gespräche auf die Themen Zuwanderung, Migration, Ausländer o.ä. kommen, wird oft die heimische Kultur, das christlich-soziale, beschworen. Das Abendland, hat nach landläufiger Meinung, seine kulturellen Errungenschaften maßgeblich auch der christlichen Religion zu verdanken. Ich denke eher, diese Errungenschaften wurden nicht durch die Kirche, sondern trotz der Kirche erreicht.


Philosophen und Denker aus Athen des fünften Jahrhunderts v.C. waren es, die Schönheit, Reinheit, Weisheit propagierten. Bürgerabstimmungen traten an Stelle von Entscheidungen Einzelner und die Stimme der Vernunft übertönte die von Wahrsagern und Orakeln. Eine Hochzeit für Kunst, Kultur und Wissenschaften beginnt. Astronomie, Mathematik stehen im Einklang mit Philosophie, Medizin und den bildenden Künsten.


Nach der Hochkultur Athens kam die Zeit Roms. Neben Thermen und Abwasserkanälen (also Ingenieurskunst) wurden griechische Werte übernommen und, unter anderem, durch das Einführen eines Rechtssystems mit einheitlichen Gesetzen ergänzt.


Es gab auch die Übernahme von Gottheiten, Zeus wurde zu Jupiter, Poseidon zu Neptun. usw. Das lief soweit ganz gut – zumindest bis zum Jahr 380 n.Chr., denn da erklärte Kaiser Theodosius alleine den katholischen Glauben zur Staatsreligion und verbot alle anderen Glaubensrichtungen als heidnische Religionen. Auch die anderen christlichen Glaubensrichtungen fielen in Ungnade und deren Anhänger wurden ab sofort als Ketzer verfolgt und entsprechend umerzogen oder getötet.

Der Kaiser gab seinen Status als Oberpriester an den Papst ab und sämtliche Güter der Ketzer fielen der neuen Staatskirche zu. Wissenschaft und Forschung, Bildung und Kreativität wurden durch den totalitären, absoluten Anspruch auf die Wahrheit der Kirche praktisch verboten und fanden, wenn überhaupt, nur mehr innerhalb der Kirche und somit unter vielen Sanktionen statt.


Mit einem Schlag wurden Schulen, Foren und Akademien, allesamt mit breiter Toleranz, Offenheit und Neugierde weggewischt - und durch Klöster und Monotheismus ersetzt. Ein Rückschlag für die Gesellschaft, dessen Folgen noch heute nicht aufgeräumt sind.


Der nächste große Rückschritt folgte mit Karl dem Großen. Als katholischer Fundamentalist führt er zeitlebens Krieg gegen Ungläubige, lässt Städte und Straßen (ein Erbe aus römischen Zeiten) verwildern und beschenkt die Kirche mit Ländereinen (samt Bevölkerung) und einzelne Bischöfe mit Reichtümern.

Entgegen verklärten Berichten über seine Herrlichkeit hat Herr Karl keine einzige Schule, kein einziges Theater, keine einzige wissenschaftliche Einrichtung gebaut oder gefördert (abgesehen von Lehrstühlen für Theologie). Der Besuch von Religionsschulen, den einzigen Schulen des Landes, ist dem Klerus und seinem Nachwuchs vorbehalten. Es wird aber weder geforscht noch entwickelt, es wird auch kein bereits bekanntes, antikes Wissen vermittelt - einzig die aktuelle Interpretation mit Heilsversprechen, Jenseits und Erbsünde wird gelehrt. Die christliche Auffassung (die Dämonisierung der Lust, die Abwertung des Körpers zum Sündenpfuhl) führt zur Verneinung des Lebens an sich, auch die krankmachende Moralvorstellung ist lebensverneinend.


Die logische Folge: das Volk bleibt dumm und hungert, das Land wird ruiniert, die Kirche lebt auf.

Während man in Europa auf Gebete gegen Blitz und Donner, gegen Krankheit und Tod setzt und eher auf das Jenseits hofft, um dem Diesseits zu entkommen, forscht man in der arabischen Welt an medizinischen Akademien und Observatorien. Arabische Gelehrte sammeln Wissen in Bibliotheken während in Europa Mönche kunstvolle Abschriften alter Schriften anfertigen.

Dieser Zustand blieb mehr oder weniger bis zum Aufkommen der Aufklärung. Mutige Einzelkämpfer treten für Mitbestimmung, Menschenrechte und Freiheit im Denken ein – gegen den massiven Widerstand der Kirche, die bei individueller Selbstbestimmung und einer Gewaltenteilung bis hin zum säkularen Staat ein Vergehen gegen die von Gott gewollte Ordnung ortete (und das bis ins zwanzigste Jahrhundert hinein).

Das Gedankengut der französischen Revolution, die Philosophie Immanuel Kants oder der Glaube an Fortschritt und Weiterentwicklung waren die ersten Werkzeuge für das Einreißen der Klostermauern samt Wahrheitseinspruch. Im 18 Jahrhundert wird der Mensch und seine Vernunft in den Mittelpunkt gestellt und löst somit Gott und Religionen als Zentrum des Lebens ab. Auch der Status der Erde wird relativiert, sie ist nicht mehr Mittepunkt des Kosmos, sondern ein eher kleiner Planet eines mäßig attraktiven Systems einer durchschnittlichen Sonne.


Nach den beiden Weltkriegen ging die Demontage der Kirche weiter, nicht zuletzt, weil die Verantwortlichen stur und kompromisslos an ihren Wahrheiten festhielten. Keinen Millimeter der althergebrachten Macht wollte und will man freiwillig hergeben. Aber Frauenbewegungen pulverisierten die biblische Sittenparagrafen regelrecht und die sich frei entfaltende Wissenschaft forschte in alle Richtungen und Disziplinen. Nie habe ich gehört, dass ein Forschungsteam, Vertreter einer wissenschaftlichen Meinung oder Entdecker von bisher Unbekanntem einen Anspruch auf die absolute Erkenntnis oder Wahrheit anmeldeten – das macht nur die Theologie.


Das Abendland verdank seinen stabilen Zustand den Entwicklungen in der Antike, den Errungenschaften der Aufklärung und zwei Katastrophen, deren Abschreckungswirkung der Gesellschaft zu einem weiteren Entwicklungsschub verhalf, wenn auch auf eine sehr schmerzhafte Art und Weise.


Natürlich gab es zu allen Zeiten auch Querkräfte in der Kirche, die die Entwicklung in Richtung Humanismus vorantreiben wollten (so wie auch heute noch) aber die apathische, reformresistente Haltung der Firmenleitung in Rom zeigte und zeigt sich unbeeindruckt.

Außerdem unterstützte das Vorhandensein dieser absoluten Machtposition der Kirche die Erschaffung von Bau- und Kunstwerken. Es wurde gefördert und gefordert. Großartige Zeugen menschlichen Könnens wurden geschaffen, monumentale Kirchen und Gemälde, Statuen, Bildnisse. Gar nicht auszudenken, was Leonardo da Vinci, Botticelli, Michelangelo und Raffael in einer ideologisch freien Welt zu schaffen imstande gewesen wäre.


Die aktuelle Massenflucht der Schäfchen hat ihre Ursachen auch an strafrechtlich verfolgten Mitarbeitern, deren Verbrechen endlich an die Öffentlichkeit gelangen. Missbrauch und Geldverschwendung, Untreue und Unzucht sind der Gipfel der überheblichen Ignoranz – zusammen mit Priestern, die Waffen segnen (wahlweise auch Geschäftsneueröffnungen oder heidnische Ostereier).

Das alles sind untrügliche Zeichen dafür, dass, nach Ra, Odin und Zeus nun auch Jesus den Weg alles irdischen gehen wird. In ein paar Jahrzehnten ist auch dieser Spuk größtenteils vorbei und in der Unbedeutendheit verschwunden.


Aber auch heute noch werden geschiedene Arbeitnehmer in christlichen Organisationen, gegen geltendes (Arbeits-) Recht, angeprangert und entlassen. Auch heute noch erfolgt die Verurteilung von Mitgliedern wegen des Verstosses gegen religiöse Dogmen oder christlicher Moralvorstellungen. Das ist menschenrechtsverletzend, überheblich und dumm. Auch heute noch ist die katholische Kirche ein geschützter Organismus mit Sonderrechten und eigenen Gesetzen. Überführte Täter in Missbrauchsskandalen werden versetzt oder bleiben unerwähnt, interne Strafen sind homöopathisch und lächerlich.


Etwas Wichtiges zur Klarstellung: ich unterscheide in meinen Betrachtungen sehr zwischen dem Glauben, der Religion oder der Kirche. Der Glaube an sich ist weder rückständig noch sinnlos, vielmehr denke ich, dass man aus einem gefestigten Glauben (egal, ob an einen Schöpfer oder die Natur, Einhörner oder das Gute im Menschen) Lebensqualität ziehen kann. Der Mensch braucht Hoffnung und Zuversicht in seinem täglichen Leben, und wenn der Gaube dabei hilft, umso besser.

Sobald dieser Glaube aber in Religionen organisiert und durch Kirchen gemanagt wird, was bedeutet, es werden Regeln aufgestellt und deren Einhaltung eingefordert, ist für mich die Freiheit des Glaubens gefährdet.

Wenn gefordert wird, wie man zu glauben hat, wenn gedroht und geächtet wird, wenn Kirchen und deren Vertreter Schaden am Einzelnen in Kauf nehmen und ihn sogar billigen oder verursachen – dann wird das Seelenheil eher gefährdet als geschützt.

1 Kommentar


zechnerkarl84
13. März 2023

🤗Hallo Lampls wenn ihr eure Reise am mittwoch antretets wünsch ich euch ein tolles Erlebnis und kommts wieder gesund nach Hause.Nicht verrgessen Bilder zu machen.........

Liebe Grüße vom "letzten"in der Runde ........

Gefällt mir

Mein Newsletter

Vielen Dank für das Eintragen!

  • Facebook

© 2023 Tourer-on-Tour.

Erstellt mit Wix.com

bottom of page